Obwohl die Bau- und Ausbaugewerke vehement gegen den Entwurf des neue Berliner Vergabegesetz BerlAVG protestiert haben, hat der Senat in einer Nacht- und Nebelaktion ohne konkrete Anhörung gestern (02.04.2020) das Gesetz durchgepeitscht. Nun werden wir in Berlin mit einem neuen Vergabegesetz konfrontiert, das die Vergabe öffentlicher Aufträge weiter verkomplizieren und damit die Teilnahme kleiner und mittlerer Unternehmen weiter erschweren wird. Fortan müssen Aufträge von Liefer- und Dienstleistungen ab einem geschätzten Auftragswert von 10.000 Euro öffentlich ausgeschrieben werden. Für Bauleistungen gilt eine Schwelle von 50.000 Euro.
Welche Konsequenz hat das neue Gesetz für laufende und zukünftige Vergaben? Erst einmal ist klar, dass es erst mit Inkrafttreten anzuwenden ist. Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin in Kraft. Es gilt für alle Vergabeverfahren, die ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens begonnen haben.
Das Gesetz beinhaltet ein Vergabemindestentgelt von 12,50 € brutto je Zeitstunde. Unser Mindestentgelt für Helfer liegt für 2020 derzeit bei 11,90 € liegt und für 2021 bei 12,40 €. Damit liegt es jeweils unter dem neuen Vergabemindestentgelt Berlin von 12,50 €. Konkret müssen daher nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes für zukünftige öffentliche Aufträge Helfer mindestens 12,50 € je Zeitstunde erhalten. Für Brandenburg gilt seit dem 1. Januar 2020 10,68 € je Zeitstunde, damit uninteressant, da dies unter unserem E-Mindestentgelt von 11,90 € liegt.
Das neue Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz hat eine längere Geschichte. Man sitzt bereits seit mehreren Jahren daran. Deswegen möchte der Senat, dass insbesondere der neue Vergabemindestlohn in Höhe von 12,50 € auch auf laufende öffentliche Aufträge Anwendung findet. Das ist aber immer nur dann möglich, wenn in den laufenden Verträgen Anpassungsklauseln unterzeichnet wurden. Über die konkrete Verfahrensweise hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe auch ein Rundschreiben am 25.03.2020 herausgegeben, welches wir betroffenen Unternehmen empfehlen zu lesen.
>>> Rundschreiben der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe
In dem Rundschreiben wird darauf hingewiesen, dass begonnene Vergabeverfahren im Einzelfall entschieden werden müssen, ob die Vergabe-/Vertragsunterlagen noch durch Vereinbarung der „Besonderen Vertragsbedingungen“ geändert werden können. „Dies ließe sich zum Beispiel mittels einer damit einhergehenden Fristverlängerung für die Angebotsabgabe lösen“.
Merke: Eine Möglichkeit der Anpassung des Mindestentgelts besteht ohne entsprechende vertragliche Vereinbarung jedenfalls nicht nach Zuschlagserteilung.
Konkret ist bei laufenden Verträgen zu prüfen, ob unter den „Besonderen Vertragsbedingungen (BVB)“ es eine Formulierung gibt, die das Verfahren zur „Vergütungsanpassung aufgrund von Mindestentgeltänderung“ regelt. In dem obigen Rundschreiben wurde auch darauf hingewiesen, dass der Auftragnehmer bei einer Anpassungspflicht vom Auftraggeber eine Anpassung der vertraglich geschuldeten Gegenleistung ab dem Tag verlangen kann, an dem die Verpflichtung zur Anpassung des Mindestentgelts je Zeitstunde für den von ihnen geschlossenen Vertrag gilt.
Sobald das neue Gesetz im Amtsblatt veröffentlich wurde, werden wir Sie informieren.
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